Gastbeitrag von Uwe Zimmermann Stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DStGB

Leasing als unterschätztes Werkzeug für kommunale Investitionen: Chancen, Herausforderungen und Lösungsansätze

Deutschlands Städte und Gemeinden kämpfen mit einem enormen Investitionsdefizit. Der Investitionsrückstand von 186 Milliarden Euro, besonders bei Schulen und Straßen, zeigt den dringenden Handlungsbedarf. Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), beschreibt in seinem Gastbeitrag, welche Chancen, aber auch Herausforderungen Leasing zur Realisierung kommunaler Investitionen bietet.

Deutschlands Städte und Gemeinden leiden unter einem Investitionsdefizit. Seit über zwei Jahrzehnten sind die Nettoanlageinvestitionen durchweg negativ. Im Durchschnitt verliert die kommunale Infrastruktur tagtäglich 13 Millionen Euro an Substanz! Der Werteverzehr ist schlicht größer als die Investitionen. Die steigenden kommunalen Investitionen auf zuletzt 42 Milliarden Euro, was im Jahr 2023 etwa 70 Prozent aller staatlichen Investitionen entsprach, werden durch die hohen Preissteigerungen insbesondere im Baubereich neutralisiert. Ein massiver Investitionsrückstand von zuletzt rund 186 Milliarden Euro verwundert vor diesem Hintergrund nicht. Besonders hoch ist der Investitionsstau bei Schulen und Straßen.

Je länger nicht investiert werden kann, desto höher werden die Folgekosten. Zusätzlich erfordert die Transformation dringende Zukunftsinvestitionen in Klimaanpassung, Energiewende, Mobilität und Digitalisierung. Notwendige Investitionen in digitale Ausstattung, Fuhrparks, energieeffiziente Sanierungen öffentlicher Gebäude, die kommunale Wärmeplanung oder moderne Verkehrsinfrastruktur und andere dringende Projekte müssen aufgrund fehlender Mittel oft zurückgestellt werden. Parallel dazu kämpfen viele Gemeinden mit einem akuten Fachkräftemangel, der ihre Situation weiter zuspitzt. All dies gefährdet die Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit. Die Städte und Gemeinden müssen jedoch handlungsfähig sein, um in die Zukunft und damit auch die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger investieren zu können.

In Städten und Gemeinden wird intensiv an der Transformation gearbeitet, allerdings sind die Voraussetzungen sehr unterschiedlich. Dies belegt auch der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann-Stiftung, wonach einige Kommunen aufgrund ihrer finanziellen Lage und der aktuellen Umstände die erforderliche Transformation nicht oder nur schwer werden bewältigen können. Dies kann gravierende Folgen haben: Diese Städte und Gemeinden haben zunehmend Schwierigkeiten, ein attraktives Lebensumfeld für ihre Bürger zu schaffen. Das birgt auch gesellschaftlichen Sprengstoff.

Leasing als Beschaffungsform für kommunale Investitionen

Für die Auflösung des Investitionsstaus müssen daher alle Kräfte gebündelt und alle Finanzierungs- und Beschaffungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden. Leasing kann ein effektives Werkzeug für die Realisierung von kommunalen Investitionen sein, besonders wenn es um die Aufgabenteilung zwischen Leasing-Gesellschaften und der öffentlichen Hand geht.

In einigen Städten ist Leasing bereits seit längerem ein etablierter Bestandteil der Investitionsentscheidungen, unabhängig von aktuellen Krisen. In vielen anderen Städten führt Leasing eher ein Schattendasein. Dies mag auch daran liegen, dass der Begriff Leasing in den 1990er-Jahren durch das sogenannte US-Cross-Border-Leasing in die Schlagzeilen geraten ist. Jedoch darf das Steuersparmodell aus den USA nicht mit dem Finanzierungsleasing verwechselt werden, das Leasing-Gesellschaften in Deutschland seit mehr als 60 Jahren anbieten.

Leasing kann ein wichtiger Hebel sein, um Investitionen in Städten und Gemeinden zu realisieren. Das Potenzial darf nicht aufgrund von bürokratischen Hürden ungenutzt bleiben. Es gilt daher, alle beteiligten Kräfte an einen Tisch zu bekommen und die Situation zu verbessern.

Uwe Zimmermann, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB)

Leasing-Projekte

Häufig ist die kommunale Investitionstätigkeit in Stadtwerke und andere Bereiche ausgelagert. Hier könnte beispielsweise die Anschaffung von Smart Metern ein attraktives Leasing-Projekt darstellen. Auch die Umsetzung der Wärmewende ist eine aktuelle Herausforderung, insbesondere das nachhaltige Heizen von Verwaltungsgebäuden, Schulen oder Turnhallen. Falls kein Anschluss an Fernwärmenetze möglich ist, bieten sich Wärmepumpen als Alternative an. Für eine zügige Umsetzung können bilanzneutrale Finanzierungsmethoden wie Leasing sinnvoll sein.

Ebenso wenig bekannt ist zumeist, dass Leasing unter bestimmten Voraussetzungen Kreditkonditionen bieten kann, die denen kommunaler Darlehen ähneln. Dies setzt voraus, dass die Forderungen forfaitiert werden können. Die Abtretung dieser Forderungen kann auf bestimmte Partner beschränkt werden. Für Banken stellen solche Forderungen gegenüber einer Kommune in der Refinanzierung attraktive Sicherheiten dar.

Unterstützung bei ESG-Vorgaben und Nachhaltigkeitsberichten

Darüber hinaus kann Leasing auch beim Thema Nachhaltigkeit unterstützen. Aktuell besteht für Kommunen keine unmittelbare Verpflichtung, Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Allerdings kann es durch Kredit- und Fördermittelgeber, die ihr Engagement im Rahmen der EU-Taxonomie nachweisen müssen, zu einer indirekten Aufforderung kommen. Leasing-Gesellschaften können Kommunen hierbei unterstützen, indem sie bei der Datenanalyse und Erstellung des CO₂-Fußabdrucks helfen.

Ergänzend bieten Leasing-Gesellschaften Services an, die sich von Wartung und Inspektion bis zur Einrichtung von IT-Systemen erstrecken. Dies kann Kommunen von zusätzlichem Verwaltungsaufwand entlasten und personelle Ressourcen schonen.

Herausforderungen und Lösungsansätze

Dennoch zögern manche Kommunen, Leasing zu nutzen – auch aufgrund der hohen Hürden bei Genehmigungs- und Ausschreibungsverfahren. Leasing-Verträge gehören im Grundsatz zu den sogenannten kreditähnlichen Rechtsgeschäften. Jedes Leasing-Geschäft muss daher durch die Aufsichtsbehörde des jeweiligen Bundeslandes genehmigt werden, wobei die Bestimmungen von Bundesland zu Bundesland variieren.

Zudem unterliegen Leasing-Investitionen der üblichen Vergabepflicht. Die Ausschreibungsprozesse bedeuten in den Gemeinden, aber auch für Leasing-Gesellschaften, einen enormen Verwaltungsaufwand. Daher sind nicht alle Gesellschaften im Kommunalleasing tätig. Grundsätzlich sind Ausschreibungen zu begrüßen. Sie beleben den Wettbewerb, schaffen Transparenz und sollen das öffentliche Haushalten und Wirtschaften verbessern. Aber das Ausschreibungswesen sollte nicht übermäßig komplex gestaltet werden.

Um Leasing als Finanzierungs- und Beschaffungsoption für Kommunen und Leasing-Anbieter interessanter zu machen, müssen die Vergabeverfahren deutlich vereinfacht werden. Eine mögliche Lösung liegt in der Anhebung von Vergabeschwellenwerten. Beispielsweise könnten Genehmigungen durch ein bloßes Anzeigeverfahren ersetzt werden. Darüber hinaus wäre es sinnvoll, sich für bestimmte Investitionsgüter oder bis zu festgelegten Beträgen auf Vergabemuster zwischen den Kommunen zu verständigen.

Leasing kann ein wichtiger Hebel sein, um Investitionen in Städten und Gemeinden zu realisieren. Das Potenzial darf nicht aufgrund von bürokratischen Hürden ungenutzt bleiben. Es gilt daher, alle beteiligten Kräfte an einen Tisch zu bekommen und die Situation zu verbessern.

Uwe Zimmermann ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB). Zimmermann ist bereits seit 1998 für den DStGB tätig und seit 2012 stellvertretender Hauptgeschäftsführer. Der DStGB vertritt die Interessen von 11.000 deutschen Städten und Gemeinden auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene. Zudem ist Zimmermann seit Mai 2023 Generalsekretär der Deutschen Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE), dem Zusammenschluss der kommunalen und regionalen Spitzenverbände in Europa.